
EU-Brexit-Gipfel Europas Kampfgeist ist geweckt
Stand: 29.04.2017 12:43 Uhr
Die EU stimmt bei einem Gipfeltreffen in Brüssel ihre Strategie für die Verhandlungen über den Austritt Großbritanniens ab. Bei dem Thema zeigt die Gemeinschaft eine zuletzt eher selten gewordene Einigkeit.
Von Sabine Hackländer, ARD-Studio Brüssel
Es ist der Tag, an dem Großbritannien in Sachen Brexit endgültig jedweder Illusion beraubt werden soll. Schluss mit den falschen Erwartungen, denen nach Ansicht der Bundeskanzlerin immer noch viele auf der Insel anhängen würden.
Für Merkel wie für alle anderen Chefs der Rest-EU ist demnach klar: "Ein Drittstaat - und das wird Großbritannien sein - kann und wird nicht über die gleichen Rechte verfügen oder womöglich sogar besser gestellt werden können als ein Mitglied der Europäischen Union."
EU erwartet schnelle Antworten
Und so sind die Leitlinien, die heute beschlossen werden sollen, gespickt mit ebensolchen klaren Ansagen und Warnungen. Geplant sei möglichst schnell - am besten schon im Oktober - Antworten auf folgende Fragen zu bekommen, erklärt der grüne Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer: "Erstens wollen wir wissen, welche Rechte gelten und werden gesichert für die Bürgerinnen und Bürger der EU, die in Großbritannien leben und umgekehrt für die Briten. Und wie verteilen wir die finanziellen Lasten, die sich aus diesem Austritt ergeben und wie zahlt Großbritannien seine Schulden, seine Verpflichtungen. Und dann können wir darüber reden, wie es in Zukunft weitergeht."
Die Verhandlungen werden also aus zwei Phasen bestehen: Eine erste, die die Scheidung regelt, gefolgt von einer zweiten, die das künftige Verhältnis der Ex-Ehepartner bestimmen soll. Soll heißen: Erst wenn einigermaßen klar ist, wer die Kinder bekommt, welcher Unterhalt zu leisten ist und wie der gemeinsame Besitzstand aufgeteilt wird, kann zu Phase zwei übergegangen werden.
Markus Preiß, ARD Brüssel, zu den Brexit-Verhandlungen
tagesschau 12:00 Uhr, 29.04.2017
Keine Steueroase vor der EU-Haustür
Auch die werde wohl kein Zuckerschlecken sein, ist der CDU-Europapolitiker Manfred Weber überzeugt: "Bei all den Themen werden wir nicht naiv sein. Beispielsweise kann Großbritannien nicht erwarten, dass es Zugang zum Binnenmarkt bekommt, in abgeschwächter Form, wenn gleichzeitig London ein Steuerdumping androht. Wir werden kein Singapur vor unserer Haustür dulden. Großbritannien muss weiter, auch außerhalb der EU, Spielregeln einhalten."
Union zeigt selten gewordene Einigkeit
Die EU trete beim Brexit geschlossener denn je auf, heißt es in Brüssel. Selten hätten arme und reiche EU-Staaten, Nettozahler wie -empfänger eine so einheitliche Linie verfolgt. Dabei gehe es keinesfalls darum, die Briten zu bestrafen, beteuert der CDU-Europapolitiker David McAllister, "sondern wir müssen versuchen, diese Scheidung in einem ordentlichen, vernünftigen Verfahren über die Bühne zu bringen. Was immer passiert, das Vereinigte Königreich bleibt für uns ein wichtiger Partner, in der UNO, in den G7 und G20, ein wichtiger Handelspartner und auch ein wichtiger NATO-Verbündeter".
Nordirland-Frage noch offen
Dennoch werden sich Ärger und Frust in der einen oder anderen Form nicht vermeiden lassen. Das gilt auch für das schwierige Nordirland-Problem. Dessen Lösung steht ebenfalls ganz oben auf der Brüsseler Prioritätenliste: Wie umgehen mit der bislang offenen Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem Rest des Landes, ohne den jahrzehntelangen Konflikt wieder aufbrechen zu lassen? Auch in diesem Punkt dürfte es also sicher knifflig werden.
Brexit-Gipfel: Europa im Wettkampfmodus
S. Hackländer, SWR Brüssel
28.04.2017 19:03 Uhr
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