Bundesbankpräsident offenbar aus dem Rennen Gerangel um den Chefsessel der EZB

Stand: 10.02.2011 11:21 Uhr

Der mögliche Verzicht von Bundesbankpräsident Weber auf die Kandidatur für den Chefposten der Europäischen Zentralbank bringt Bewegung in die wichtige Personalfrage. Die Chancen des Italieners Draghi steigen. Aber auch zwei Deutsche werden für das Amt gehandelt.

Von Wolfgang Landmesser, WDR-Hörfunkstudio Brüssel

Eigentlich wäre jetzt ein Deutscher dran. Mit Jean-Claude Trichet hat Frankreich den Chefposten bei der Europäischen Zentralbank (EZB) fast acht Jahre lang besetzt. Es ist Zeit, dass die stärkste Euro-Nation das Ruder in der Frankfurter EZB-Zentrale übernimmt. Aber auch, wenn Axel Weber nicht zur Deutschen Bank wechseln sollte, hätte er nicht mehr die besten Karten für das Amt des höchsten europäischen Währungshüters. Das liegt am strammen Stabilitätskurs des Universitätsprofessors, der nicht allen in der Euro-Zone passt - und an seinem Auftreten.

Weber kritisierte den Sündenfall

Traditionell ist die Runde der EZB-Direktoren verschwiegen. Im vergangenen Mai hatte der Führungszirkel um Trichet mehrheitlich für den Kauf von Staatsanleihen hochverschuldeter Euro-Länder gestimmt. Doch Weber machte kein Geheimnis daraus, dass er dagegen ist. Für den währungspolitischen Falken war die Entscheidung ein Sündenfall. Interventionen auf dem Anleihemarkt treiben die Inflation - und das widerspricht dem obersten Ziel der Europäischen Zentralbank, die Euro-Stabilität zu wahren.

Auch sonst ist Weber um eine klare Position selten verlegen. So ließ er bei einer Podiumsdiskussion im vergangenen November keinen Zweifel daran, wer an der Euro-Krise schuld ist. "Nicht der Euro ist das Problem, sondern, liebe Politiker, eure Finanzpolitik ist das Problem", sagte er. "Die wird an den Märkten nicht goutiert. Die Prolongation eurer Staatsverschuldung wird an den Märkten hinterfragt, nicht die Existenz des Euro als Währung per se."

Bedenken in Frankreich

Mit solchen Attacken machte er sich auch beim französischen Präsidenten unbeliebt. Damit Nicolas Sarkozy Weber als neuen EZB-Chef akzeptiere, müsse ihm Bundeskanzlerin Angela Merkel im Gegenzug einiges bieten, hieß es.

Der knorrige Deutsche war zwar lange der heißeste Anwärter auf den Posten, aber nicht der einzige. Auch Italien hatte einen Kandidaten ins Rennen geschickt: Mario Draghi, Chef der italienischen Notenbank. Draghi leitet gleichzeitig den internationalen Finanzstabilitätsrat und gibt sich entschlossen, die Märkte zu regulieren: vor allem Finanzprodukte, die auf Preisveränderungen wetten, sogenannte Derivate.

"Wenn wir uns anschauen, wie gewaltig die Auswirkungen des Derivatehandels sind, müssen wir den Handel mit diesen Produkten zentralisieren und überwachen", sagte Draghi. "Das würde nicht nur die Gefahr der Ansteckung reduzieren, sondern auch für mehr Durchblick sorgen, wovon wir heute zu wenig haben."

Weitere Deutsche im Gespräch

Sollte der Italiener bei der Trichet-Nachfolge wieder Boden gut machen, müsste allerdings das italienische Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank weichen. Genauso wie EZB-Vorstand Jürgen Stark abtreten müsste, wenn ein Deutscher EZB-Chef wird. Nachdem der Rückzug Webers immer wahrscheinlicher wird, wäre auch der ehemalige Finanzstaatssekretär ein möglicher deutscher EZB-Spitzenkandidat. Unklar ist aber, ob sein Aufstieg nach den europäischen Statuten möglich ist.

Und dann gibt es noch Klaus Regling. Der Chef des Euro-Rettungsschirms ist einer der Architekten der Gemeinschaftswährung - und in der Krise immer noch Euro-Fan. "Etwas, was gut ist, ist niemals perfekt", sagt er. "Man hat auch in den ersten zehn Jahren der Währungsunion identifizieren können, wo es noch Nachholbedarf gibt, damit der Euro-Raum besser funktioniert: bessere Umsetzung des Stabilitätspaktes, mehr Regulierung, mehr wirtschaftspolitische Überwachung."

Gegen Regling spricht jedoch, dass er noch nie als Notenbanker gearbeitet hat. Das könnte wiederum ein Pluspunkt für zwei Kandidaten aus kleineren Ländern sein: den erfahrenen luxemburgischen Zentralbankchef Yves Mersch und den holländischen Chefnotenbanker Nout Wellink.