Wirtschaftsvertreter der EU in London

Brexit-Gespräche Wirtschaft fordert mehr Tempo von May

Stand: 13.11.2017 17:54 Uhr

Bei einem Treffen mit europäischen Wirtschaftsvertretern hat die britische Premierministerin May versucht, deren Sorgen vor einem ungeordneten Brexit zu zerstreuen - offenbar erfolglos. Auch deutsche Wirtschaftsverbände drängen auf eine schnelle Lösung.

Sollte Theresa May gehofft haben, dass sie zum Beispiel über die deutschen Unternehmerverbände Druck auf die Bundesregierung ausüben könnte, dann hat sie sich getäuscht.

"Wir haben noch mal deutlich gemacht, dass wir erst mal Scheidungsfragen klären", sagt Steffen Kampeter, der Chef des Deutschen Arbeitgeberverbandes BDA. Das ist auch genau die Position von Bundesregierung und EU-Kommission. Mitte Dezember will die EU entscheiden, ob die Verhandlungen mit den Briten über die sogenannte Austrittsrechnung, die irisch-nordirische Grenzfrage und die Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien weit genug gediehen sind, um auch über die fernere Zukunft reden zu können.

Kampeter

Steffen Kampeter fordert mehr Bewegung in den Verhandlungen.

BDA fordert rationale Verhandlungsführung

Arbeitgebervertreter Kampeter hat da einen klaren Auftrag an die britische Regierung: "Unsere Erwartung an die Briten ist, dass sie in Vorbereitung auf den Gipfel in allen drei Fragen zumindest Bewegung erkennen lassen." Und von der EU-Kommission erwarte man, dass sie diese Bewegung dann konstruktiv aufnehme, sagt Kampeter. Ob das gelingt, da ist sich der frühere Staatssekretär im Finanzministerium allerdings nicht so sicher. "Größte Gefahr ist die Irrationalität, dass man in eine Situation gerät, in der alle nur verlieren. Das muss durch eine rationale Verhandlungsführung auf beiden Seiten ausgeschlossen werden", sagt Kampeter.

Optimistischer gibt sich Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des deutschen Industrieverbandes BDI. "Es gibt offenbar das ernste Bestreben auf der britischen Seite, in den drei Fragen zu einer Einigung zu kommen", sagt er.

Die Zeit dränge, man müsse bald zu Phase zwei der Gespräche kommen und über die Zukunft reden, um den Unternehmen Planungssicherheit zu geben, sagt Lang. Premierministerin Theresa May hat in einer Mitteilung nach dem Treffen noch einmal auf ihren Plan für eine befristete Übergangsphase verwiesen. Die zwei Jahre, von denen die britische Seite ausgehe, würden aber womöglich nicht ausreichen, sagt BDI-Geschäftsführer Lang. "Wir haben alle deutlich gemacht, dass uns das ein sehr kurzer Zeitraum zu sein scheint und dass die Übergangszeit, bis es dann ein Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien und der Europäischen Union gibt, sicherlich länger dauern wird als nur zwei Jahre", sagt er.

Theresa May

Premierministerin May gerät bei den Brexit-Gesprächen immer mehr unter Druck.

Gewaltige Umstellungen

Schon jetzt kommen gewaltige Umstellungen auf die britische Wirtschaft zu. Edwin Morgan vom arbeitgebernahen Institut of Directors sagt: "Wir müssen uns auf ein Übergangsabkommen und ein Brexit-Abkommen und einen Brexit ohne Abkommen vorbereiten - mit dem harten Ausstieg als der schlechtesten aller Lösungen. Wir wissen von Befragungen unserer Mitglieder, dass die meisten keine Ahnung haben, wie die WTO-Regeln sind. Klar müssen sich die Unternehmen sowieso umfassend vorbereiten, aber niemand will so ein Crash-out-Szenario."

Thomas Spickhofen, Thomas Spickhofen, ARD London, 13.11.2017 17:17 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 13. November 2017 um 17:41 Uhr in der Wirtschaft.