In Madrid arbeitet ein Handwerker an der Fassade einer Filiale der abgewickelten Banco Popular (Archivbild).
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Abwicklung der Banco Popular So geräuschlos wie erfolgreich

Stand: 22.06.2017 17:52 Uhr

Es war eine Premiere: eine lautlose Banken-Abwicklung in der EU, die den Steuerzahler keinen Cent kostete. Die deutsche Finanzexpertin Elke König zog dabei die Fäden.

Vor zehn Jahren sagte der damalige deutsche Finanzminister Peer Steinbrück den berühmten Satz: "Wir haben in den Abgrund gesehen!" Zum ersten Mal verstanden Politiker, wie stark vernetzt Banken sind, wie sehr ihre Geschäfte und Kredite aneinanderhängen. Wie sehr die Pleite einer Bank das Finanzsystem gefährden kann.

So stark, dass, wenn eine Pleite geht, das ganze Finanzsystem und damit das Geld der Sparer in Gefahr ist. In der Folge wurden zig Milliarden in die Bankenrettung gesteckt. Mit Steuergeld wurden Geldhäuser gerettet, unter den Schulden leiden die Staaten noch heute.

Für den Pleitefall bestmöglich gerüstet sein

"Die Tatsache, dass wir in der Finanzkrise Steuergelder nehmen mussten, um Banken zu retten, kann ja kein Geschäftsmodell sein," sagt auch Elke König. Die EU arbeitete an Regeln, an der Bankenaufsicht und gründete einen Abwicklungsmechanismus für Banken mit Sitz in Brüssel. Seine Chefin: die Deutsche Elke König.

Elke König

"Die Tatsache, dass wir in der Finanzkrise Steuergelder nehmen mussten, um Banken zu retten, kann ja kein Geschäftsmodell sein," sagt auch Elke König.

Seit Januar 2015 gibt es diese Institution mit dem schwierigen Namen "Single Resolution Board", seitdem versucht sie, Banken beim Aufräumen zu helfen. "Wir sitzen nicht hier und warten darauf, dass wir die nächste Beerdigung organisieren können, wir wollen Banken vorbereiten darauf, dass sie abgewickelt werden können." Wie bei einem Haus, in dem alles sortiert ist, für den Fall dass man umziehen muss und nicht erst anfängt, wenn der Möbelwagen vor der Tür steht, fügt sie noch hinzu.

Statt der Steuerzahler bezahlen nun die Eigentümer und Gläubiger

Auf die Abwicklung der Banco Popular, der sechsgrößten Bank Spaniens, waren sie zwar gefasst, dennoch "sind wir überrascht worden, weil sich der Liquiditätsabfluss so beschleunigt hat". Kunden hatten so viel Geld abgezogen, dass die Bank einen Tag später schon bankrott gewesen wäre.

Dann organisierte Königs Institution von einem Dienstag auf Mittwochmorgen das Ende der Bank: Aktionäre und Anleihenbesitzer - also Inhaber und Gläubiger - mussten haften,  Wertpapiere von über 3,3 Milliarden Euro wurden wertlos, die Bank ging für einen Euro an die Banco Santander.

Die Vorstandsvorsitzende der Santander Bank, Ana Botin, kündigt die Übernahme der Banco Popular für einen Euro an.

Die Vorstandsvorsitzende der Santander Bank, Ana Botin, kündigt die Übernahme der Banco Popular für einen Euro an.

Das Nachsehen haben Aktionäre und Anleihebesitzer

"Nein, der Steuerzahler zahlt keinen Pfennig, die Santander hat keine Bedingungen gestellt. Glücklich war ich nicht, niemand ist glücklich wenn er Aktionäre und Anleihenbesitzer enteignet", sagt Elke König, auf der anderen Seite sei sie glücklich: "Wir haben bewiesen, dass das System funktionieren kann - wenn alle wollen."

Banco Santander übernimmt die Schulden der Popular, die Sparer konnten am nächsten Tag ganz normal Geld abheben. Zum ersten Mal funktionierten die EU-Regeln, die nach der Finanzkrise eingeführt wurden. Problem gelöst? Nicht ganz.

Italien schert sich nicht um die neuen Regeln

Siena, Italien: die Banco Monte dei Paschi. Die älteste Bank der Welt war schon mehrfach in der Krise. Doch auch nun wird sie wieder vom italienischen Staat mit Milliarden Steuergeld gestützt. Italiens Rekordstaatsdefizit wird noch höher.

Ohnehin ist Italien wegen der hohen Schulden eine Gefahr für die ganze Eurozone. Der Grünen-Europaparlamentarier Sven Giegold kritisiert, dass die italienische Bank nicht genauso abgewickelt wurde wie die Banco Popular: Das Vertrauen in die Bankenunion und seine Abwicklungsmechanismen sei erschüttert. "Man muss den Eindruck haben, wenn eine Bank in Spanien sitzt, die den Rechtsrahmen akzeptiert, dann wird alles ordnungsgemäß gemacht - und wenn die italienische Regierung nur genug Druck entfaltet, weil sie das Haftungsprinzip nicht durchsetzen will, dann wird das Rechtliche nicht eingehalten".

Wie glaubwürdig ist der EU-Mechanismus?

König will sich zu anderen Ländern nicht äußern. Spanien wende sehr konsequent die europäischen Regeln an. Der Fall in Italien sei eine Ausnahme gewesen. Dennoch stellt er die Glaubwürdigkeit der europäischen Instrumente in Frage.

Und noch etwas bleibt - die Abwicklung der Banco Popular hat doch einen Preis und macht auch König nachdenklich: "Wir haben eine Bank weniger und bekommen mehr Konzentration." Eine sehr große Bank wird noch größer. Ein mulmiges Gefühl hat sie aber deswegen nicht.

Das System sei heute erheblich stabiler. "Bevor alle ganz nervös werden, will ich noch sagen: Das europäische Bankensystem ist seit der Finanzkrise deutlich sicherer geworden, mit besserem Eigenkapital, den Aufsichtsbehörden und hoffentlich auch uns, aber wir haben noch ein bisschen Altlasten." Dieses bisschen Altlasten beträgt allein in Italien schätzungsweise über 270 Milliarden Euro an faulen Krediten. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 22. Juni 2017 um 12:00 Uhr in den Wirtschaftsnachrichrten.