Kommentar

Trumps Zolldrohungen Höchste Zeit für deutsche Selbstkritik

Stand: 22.03.2018 21:51 Uhr

Ja, das mit den US-Zöllen scheint für die EU vorerst gutgegangen zu sein. Aber der Anlass bleibt: der gigantische deutsche Exportüberschusses. Jetzt muss es ein Umdenken geben.

Ein Kommentar von Markus Preiß, ARD Brüssel

Aufatmen in Brüssel. Der drohende Handelskrieg ist - erstmal - abgewendet. Wer sich fragt, wofür die EU gut ist, der konnte es heute sehen: Von Anfang an eine klare Botschaft an den vermeintlich wildgewordenen US-Präsidenten, aber keine Überreaktion. Und dann geduldig und zielstrebig verhandelt. Alle gemeinsam.

Gut gemacht, EU!

Es liegt an Deutschland

Doch an diesem Tag ist es auch Zeit für ein bisschen Selbstkritik: Denn dass die ganze EU so im Visier von Trump ist, dass liegt einzig und allein an Deutschland. Viele Deutsche sind stolz auf den Titel des Exportweltmeisters. 287 Milliarden Dollar Plus - soviel mehr haben die Deutschen im vergangenen Jahr im Ausland eingenommen als für ausländische Produkte ausgegeben - fast acht Prozent der Wirtschaftsleistung. Um das mal einzuordnen: Das ist doppelt so viel Überschuss wie der des viel, viel größeren China.

Das ist Klasse, sagen viele. Das ist Wahnsinn, sagt die EU-Kommission, sagt der Internationale Währungsfonds, sagt Trump.

Deutschland muss diesen Überschuss abbauen - auch wenn es schmerzhaft ist. Denn er nimmt in Europa Ländern wie Griechenland die Luft zum Atmen. Und er macht die Deutschen - wie in den vergangenen Tagen schauderhaft erlebt - zum Feindbild bei Trump.

Das wird nicht einfach

Der Weg ist nicht einfach: höhere Löhne, mehr Investitionen. So könnte man das angehen. Das wird einerseits Wettbewerbsfähigkeit kosten - an anderen Stellen ist es sogar gut für uns Bürger. Das alles ist im Land der Schwarzen Null nicht unbedingt populär.

Deutschland präsentiert sich stets als Kämpfer für den freien Welthandel. In Wahrheit ist damit gemeint: Man kämpft dafür, dass andere problemlos deutsche Produkte kaufen können und Deutsche kaum etwas von ihnen. Das kann man natürlich über Jahre so machen - aber dann muss sich nicht wundern, wenn man jemand wie Trump mit der Abrissbirne kommt. Die Option alles bleibt, wie es bis gestern war, besteht nicht mehr.

Redaktioneller Hinweis

Kommentare geben grundsätzlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder und nicht die der Redaktion.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 22. März 2018 um 22:15 Uhr.