Maximilian Krah
exklusiv

Ermittlungen zu russischer Einflussnahme AfD-Politiker Krah und seine "Bargeldreserve"

Stand: 17.04.2024 18:00 Uhr

Der AfD-Politiker Krah hatte nach Recherchen von WDR, NDR und SZ bei einer FBI-Kontrolle im Dezember letzten Jahres eine vierstellige Summe Bargeld bei sich. Weil er verdächtigt wurde, Zahlungen von einem prorussischen Aktivisten erhalten zu haben, hatte das FBI Krah befragt.

Von Florian Flade, Katja Riedel, WDR und Sebastian Pittelkow, NDR

Nach gemeinsamen Recherchen von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" soll der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah bei einer Reise in die USA im vergangenen Dezember eine größere Summe Bargeld mit sich geführt haben, auf die ihn auch das FBI angesprochen haben soll. Krah räumte auf Anfrage ein, "ungefähr 3.000 Euro" als "Bargeldreserve" dabei gehabt zu haben. Das Geld habe er mitgenommen, weil er sein Kartenetui im Büro in Brüssel vergessen hätte.

Er habe das Geld benötigt, um sein Hotel und etwas Essen zu zahlen. Ein ursprünglich geplantes "Weihnachtsshopping" sei ausgefallen. Aber er habe mit dem Geld auch seinem guten Bekannten David Bendels, dem Chefredakteur des rechtspopulistischen Deutschland-Kurier, das Geld für seinen Sitzplatz bei der Veranstaltung erstattet, die er in New York besuchen wollte. Krah war damals mit einigen anderen AfD-Politikern auf einem Treffen mit den "Young Republicans" in New York gewesen, an der auch Donald Trump teilnahm. Diese Veranstaltung wurde vom "Deutschland-Kurier" teilweise gesponsert.

Krah: Eine Stunde Gespräch mit FBI

Es war ein ereignisreicher Trip für Krah. Nach einem Bericht des "Spiegel" und des ZDF sollen die US-Ermittler Krah bei der Einreise einen schon älteren Chatverlauf vorgelegt haben, in dem es um mögliche Zahlungen an ihn gegangen sein soll. In einer Nachricht des prorussischen Aktivisten Oleg Woloschyn an Krah soll die Rede von "Kompensationen" für Krahs "technische Ausgaben" gegangen sein. Krah sagte nun auf Anfrage, er hätte diese betreffende Chatnachricht nicht gelesen und deshalb auch nicht beantwortet. Geld habe er von Woloschyn nicht angenommen. Das bestätigte auch Woloschyn gegenüber dem "Spiegel", der von einer Erstattung möglicher Reisekosten sprach, die aber nie angefallen seien. Das Gespräch mit dem FBI habe damals eine Stunde gedauert, berichtet Krah.

All dies steht offenbar im Zusammenhang mit internationalen Ermittlungen zu einem russischen Einflussnahme-Netzwerk. Die Aufklärung des Netzwerkes um das Internetportal "Voice of Europe" und dessen mutmaßliche Hintermänner findet seit einigen Monaten in Polen und Tschechien durch eine gemeinsame Operation der dortigen Nachrichtendienste ABW und BIS statt. Dabei sollen Erkenntnisse zu mehreren Personen gewonnen worden sein, die als Geldkuriere für Moskau tätig gewesen sein sollen. Diese Akteure wiederum, so die bisherigen Ermittlungsergebnisse, sollen sich teilweise mehrfach mit europäischen Politikern getroffen haben.

In den Fokus sollen dabei Maximilian Krah und der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron geraten sein. Deutsche Sicherheitsbehörden tun sich bislang schwer zu ermitteln, ob es Bezahlungen an AfD-Politiker gegeben hat. Die Generalstaatsanwaltschaft München hat zwar Vorermittlungen gegen Bystron wegen Bestechlichkeit von Amtsträgern eingeleitet. Doch ohne Belege könnten sie nicht beantragen, die Immunität des Bundestagsabgeordneten Bystron aufzuheben. So könnten sie auch kein offizielles Ermittlungsverfahren einleiten. Gegen Maximilian Krah gibt es weder Ermittlungen noch Vorermittlungen.

Spärliche Informationen aus Tschechien

Deutsche Behörden sollen bislang nur spärliche Informationen aus Tschechien zu dem Fall bekommen haben. Eine angebliche Audio-Aufzeichnung eines verdächtigen Gesprächs Petr Bystrons durch den tschechischen Geheimdienst, über das die tschechische Zeitung "Denik N” mit Verweis auf Informationen aus tschechischen Regierungskreise berichtet hatte, wurde bislang nicht übermittelt.

Mittlerweile soll nach Informationen von WDR, NDR und SZ sogar fraglich sein, ob überhaupt eine Audiodatei eines Gesprächs zwischen Bystron und einem mutmaßlichen russischen Einflussagenten existiert. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) erhielt demnach lediglich Zusammenfassungen des Sachverhalts. Es soll sich um übliche Meldungen auf Grundlage nachrichtendienstlicher Erkenntnisse handeln, deren genauer Ursprung allerdings unklar ist. Petr Bystron bestreitet alle Vorwürfe, auch jemals Geld angenommen zu haben.

Durchsuchungen in Polen

Ende März durchsuchten polnische Ermittler in Warschau und der südlich gelegenen Stadt Tychy mehrere Wohnungen und befragten Verdächtige. Dabei sollen auch mehrere Beweismittel beschlagnahmt worden sein, die auf eine koordinierte Aktion zur Beeinflussung der europäischen Politik hindeuten. Ziel des russischen Spionagenetzwerks sei "die Umsetzung der außenpolitischen Interessen des Kremls", darunter die Schwächung der polnischen Position auf internationaler Bühne, die Diskreditierung der Ukraine und von EU-Institutionen, sagte ein Sprecher der polnischen Spionageabwehr ABW.

Schon vor zwei Jahren waren polnische Ermittler auf der Spur einer mutmaßlichen Einflussnahme-Operation, die aus Moskau gesteuert worden sein soll. Damals gerieten auch schon Bystron und Krah in den Blick der polnischen Spionageabwehr. Im Rahmen der Rechtshilfe baten die polnischen Ermittler im Sommer 2022 die deutschen Behörden um eine Zeugenvernehmung von Krah und Bystron sowie der AfD-Bundestagsabgeordneten Steffen Kotre und Stefan Keuter.

Eva Huber, ARD Berlin, tagesschau, 17.04.2024 16:00 Uhr