Screenshot vom Instagram-Account von Ramin Y., angefertigt von NDR-Investigation

Hells Angels Ex-Rocker aus NRW offenbar im Iran getötet

Stand: 01.05.2024 19:24 Uhr

Der frühere Hells-Angels-Rocker Ramin Y. aus Mönchengladbach soll vom Iran aus Terroranschläge auf jüdische Ziele in Deutschland organisiert haben. Nun wurde er offenbar getötet.

Von Florian Flade, WDR, und Reiko Pinkert, NDR

Auf dem Körper von Ramin Y. prangen zahlreiche Tätowierungen. "Iran" steht etwa auf der linken Brust, unter seinem Hals in Englisch der Schriftzug "Erwarte keine Gnade". Die Verzierungen sind Symbole seiner Zeit als Rocker, zuerst bei den Kölner "Bandidos", dann bei den "Hells Angels" in Mönchengladbach. Ramin Y. war ein führendes Mitglied der Gruppierungen. Heute wird er weltweit als Tatverdächtiger bei einem Mord an einem anderen Rocker gesucht.

Nun soll Ramin Y. selbst getötet worden sein. Nicht in Deutschland, sondern im Iran. Laut iranischen Medienberichten wurde der flüchtige 36-jährige Ex-Rocker in der vergangenen Woche in Teheran in seiner Wohnung ermordet aufgefunden - offenbar erschossen. Y.s Anwalt bestätigte gegenüber WDR und NDR, dass der Mann tot ist. Der Hintergrund der Tat ist bislang unklar. In iranischen Medien wird einerseits vermutet, dass private Gründe Anlass für die Tat gegeben haben könnten. Andererseits wird behauptet, dass der Mossad die Tat verübt haben könnte. Die israelische Botschaft in Berlin war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. 

In den vergangenen Jahren war der gebürtige Mönchengladbacher tatsächlich ins Visier der Israelis geraten. Der flüchtige Ex-Rocker soll für die iranischen Revolutionsgarden Anschläge auf jüdische Ziele in Deutschland organisiert haben - unter anderem einen versuchten Brandanschlag auf die Synagoge von Bochum.

Flucht in den Iran

Im September 2021 soll Ramin Y. in den Iran geflohen sein, nachdem er als Hauptverdächtiger bei einem Mord an einem Duisburger Rocker im Jahr 2014 ermittelt worden war. Er und andere sollen einen Verräter aus den eigenen Reihen erst ermordet und dann zerstückelt haben. Dessen Leichenteile fanden Ermittler später im Rhein.

Laut deutschen Behörden führte Ramin Y. in den vergangenen Jahren im Iran ein luxuriöses Leben, ohne einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Bilder auf der Social-Media-Plattform Instagram zeigen ihn unter anderem mit teuren Luxusautos.

Vom Rocker zum iranischen Geheimdienstler?

Deutsche Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass Ramin Y. in die Strukturen der iranischen Revolutionsgarden eingebunden war, insbesondere in die Geheimdienst-Abteilung der Quds-Force, die für Auslandsoperationen zuständig ist. Die Quds-Force wird für terroristische Aktionen gegen israelische und jüdische Ziele weltweit verantwortlich gemacht.

Im November 2022 hatte ein Mann in Essen zunächst Schüsse auf das Rabbinerhaus der Alten Synagoge abgegeben. Danach kam es zu einem versuchten Brandanschlag auf die Synagoge von Bochum. Die Polizei konnte einen Tatverdächtigen, einen damals 35 Jahre alten Deutsch-Iraner festnehmen. Ramin Y. soll den Mann in einem Videotelefonat im November 2022 angestiftet haben. Y. soll dem Mann geraten haben, Handschuhe zu tragen, sein Gesicht zu verdecken und sein Handy nicht zum Tatort mitzunehmen. WhatsApp-Nachrichten, die die Ermittler auswerten konnten, sollen das belegen. Vor der Tat hatte sich der 35-Jährige mehrfach im Iran mit Ramin Y. getroffen. 

Attentat im Auftrag des Iran

Im Dezember 2023 wurde dieser 35-jährige Deutsch-Iraner wegen des versuchten Brandanschlags auf die Synagoge von Bochum vom Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Das Gericht ging davon aus, dass das Attentat im Auftrag staatlicher Stellen im Iran erfolgte und über Ramin Y. orchestriert wurde. Ziel des Attentats war es laut OLG, Verunsicherung und Angst innerhalb der jüdischen Bevölkerung hervorzurufen. Das Motiv des Attentäters: antisemitische Gesinnung.

Vor Gericht sagte der Attentäter aus, Ramin Y. habe seine Familie bedroht, deshalb habe er die Tat ausgeführt. Ramin Y. hingegen schrieb auf X, vormals Twitter, dass er lediglich private und geschäftliche Beziehung zu dem Mann gehabt habe. Der Anwalt des flüchtigen Ex-Rockers erklärte: "Herr Y. bestreitet, den Auftrag erteilt und den Angeklagten bedroht zu haben."

Ramin Y. soll auch andere Attentäter angeworben haben

Nach dem Urteil bestellte das Auswärtige Amt einen Vertreter der iranischen Botschaft in Deutschland ein und protestierte gegen die offenbar von staatlichen Stellen des Mullah-Regimes beauftragten Gewalttaten. Auf X schrieb das Auswärtige Amt: "Der geplante Anschlag auf eine Synagoge im November 2022 in Bochum geht laut dem OLG Düsseldorf auf eine staatliche iranische Stelle zurück." Man werde keine ausländisch gesteuerte Gewalt in Deutschland dulden.

Ramin Y. soll laut Sicherheitsbehörden auch andere Attentäter in Deutschland angeworben haben, teilweise über Handychat. Dabei soll es nicht nur um Anschläge auf jüdische Einrichtungen wie Synagogen gegangen sein. Auch der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sollte offenbar ausgespäht werden. Nach Ansicht der deutschen Ermittler steckt dahinter eine Strategie der iranischen Geheimdienste, auch Vertreter der organisierten Kriminalität für ihre Zwecke einzuspannen, beispielsweise um Terrorakte in Europa durchzuführen.

Die iranischen Revolutionsgarden sind in der Europäischen Union weiterhin nicht als terroristische Organisation gelistet.

In einer früheren Version des Artikels hatten wir geschrieben, dass in iranischen Medien vermutet wird, dass der israelische Geheimdienst, Mossad, Ramin Y. erschossen hat. Mittlerweile wird in diesen Medien ebenfalls spekuliert, dass es private Gründe für den Mord geben könnte. Dies haben wir korrigiert.

Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete WDR aktuell im Hörfunk am 01. Mai 2024 um 09:00 Uhr.