BR-Intendant Wilhelm
interview

ARD-Vorsitzender zu Telemedienauftrag "Wir bekommen mehr Möglichkeiten"

Stand: 14.06.2018 18:27 Uhr

Der ARD-Vorsitzende Wilhelm hat den neuen Telemedienauftrag und die Einigung mit den Verlegern begrüßt. Auf tagesschau24 sagte er, es gebe viel guten Willen auf allen Seiten. Die Sender bekämen neue Möglichkeiten.

tagesschau24: Es wurde viel gestritten, viel diskutiert und viel gerungen um eine Reform dieses Telemedienauftrags für die Öffentlich-Rechtlichen. Ist das jetzt der Durchbruch gewesen?

Ulrich Wilhelm: Zunächst muss man sagen, dass sich die digitale Welt in großem Tempo ändert, sodass sicher keine einzelne Regelung für längere Zeit den Abschluss aller Arbeiten bedeutet. Wir werden sicher über die nächsten Jahre immer wieder auch Modernisierungen des Staatsvertrages erleben und auch darum bitten. Aber es ist sehr positiv für uns, dass nach zehn Jahren die Fülle dessen, was in den letzten Jahren passiert ist, neu angefasst werden kann.

Wir bekommen mehr Möglichkeiten mit unserer Mediathek. Wir können auch mehr auf Dritt-Plattformen gehen. Wir können erstmals von uns im normalen Fernsehprogramm ausgestrahlte europäische Filme - wenn wir die Onlinerechte haben - in die Mediathek mit aufnehmen und eine Reihe weiterer Dinge mehr.

Und dann ist auch eine Einigung mit den Verlegern gefunden. Der Streit hat uns die letzten Jahre doch sehr stark beschäftigt und auch belastet - es gab viele gerichtliche Verfahren und Auseinandersetzungen. Nun steht die Hoffnung, die wir alle heute zum Ausdruck gebracht haben, dass wir in einem neuen Miteinander diese Themen so erledigen können, dass man nicht immer vor Gericht gehen muss.

tagesschau24: Nun sollen die öffentlich-rechtlichen Sender einen "Schwerpunkt mittels Bild und Ton" setzen. Was bedeutet das zum Beispiel für tagesschau.de - immerhin eine der erfolgreichsten Nachrichtenseiten im Internet. Dürfen dort jetzt keine Texte mehr neben Bild und Ton stehen?

Wilhelm: Der Gesetzgeber hat die Kompetenz, die Möglichkeiten für uns auszugestalten. Und er hat jetzt sozusagen zwei Aussagen getroffen. Zum einen bezogen auf das ganze Angebot: Also etwa bei tagesschau.de oder einer Mediathek soll der Schwerpunkt Audio oder Video sein. Und zum Zweiten: Text soll dabei nicht im Vordergrund stehen. Der Gesetzgeber hat zugleich aber eine ganze Fülle von Punkten noch einmal klargestellt, bei denen wir auch weiterhin mit Text arbeiten dürfen.

Wir erreichen ja ungefähr die Hälfte unseres Publikums über Suchmaschinen. Diese funktionieren derzeit nur mit Text. Wir würden also gar nicht gefunden, wenn wir nicht auch Texte hätten, in denen ein Mindestmaß an Schlagworten enthalten sein muss. Ein anderes Beispiel ist investigative Recherche: Auch dort ist der Text ganz notwendig, um zu dokumentieren, wie die Redaktion genau gearbeitet hat, wie sie ihre Befunde auch belegt.

Was nun den formulierten "Schwerpunkt" betrifft, ist es so, dass wir weiterhin sendungsbezogene Materialien und Quellen einsetzen dürfen, und dass wir auch weiterhin zum Beispiel Manuskripte veröffentlichen dürfen. Wo immer das möglich ist, werden wir uns auf Sendungen beziehen, auf Audios oder Videos, die zu dem Thema schon gesendet worden sind, und sie auch in das Telemedienangebot mit aufnehmen. Wir werden auch genau zeigen, auf welche Sendung wir uns beziehen, was wir da vertiefen oder aktualisieren. Und im übrigen können wir auch weiterhin - wenn es in einer untergeordneten Größenordnung bleibt - Texte einsetzen, die bestimmte Dinge verdeutlichen, die dem Publikum zeigen, worum es in der Sache geht.

tagesschau24: Sie haben schon den langen, teils heftigen Streit mit den Verlegern angesprochen. Ist dieser jetzt endgültig vom Tisch?

Wilhelm: Niemand kann in die Zukunft sehen. Was man aber sagen kann, ist, dass wir in einem sehr konstruktiven Geist miteinander verhandelt haben, dass wir uns einig waren, dass es so viele Themen gibt, die wir gemeinsam anpacken könnten. Wie wir zum Beispiel gemeinsam den Herausforderungen durch Google, Facebook, Amazon oder YouTube begegnen möchten. Wir sollten uns nicht länger aufhalten mit den Auseinandersetzungen, die Zeit und Ressourcen binden, sondern uns den Dingen zuwenden, wo wir tatsächlich gemeinsame Interessen geltend machen wollen.

Was man also sagen kann: Es gibt viel guten Willen auf beiden Seiten. Und wir haben auch das Format gefunden einer sogenannten Schlichtungsstelle. Diese kann Empfehlungen aussprechen, und mit ihrer Hilfe können wir uns einzelne, vielleicht immer noch vorhandene strittige Themen ansehen. So hoffe ich, dass wir alles in einem guten Miteinander bereinigen können.

Das Interview führte Jan-Malte Andresen, tagesschau24.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 14. Juni 2018 um 16:30 Uhr.