Bienen

EU-Staaten stimmen ab Insektizidverbot zur Bienenrettung?

Stand: 27.04.2018 03:38 Uhr

Die EU-Staaten stimmen heute über ein Freilandverbot für einige bienenschädliche Insektizide ab. Deutschland ist dafür, diese nur noch in Gewächshäusern zuzulassen. Umweltschützern reicht das nicht.

Heute wird es spannend: Vertreter der EU-Länder wollen darüber entscheiden, ob das Versprühen von drei Chemikalien im Freiland künftig in Europa verboten wird. Es geht um Neonikotinoide, das sind Insektengifte.

Diese Chemikalien sind höchstgefährlich für die Artenvielfalt, warnt der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häuslin: "Nicht nur für Honigbienen, sondern für alle Insekten, die da draußen herumschwirren. Das geht in erster Linie auch an die Wildbienen, die massiv gefährdet sind. 60 Prozent in Europa drohen zu verschwinden."

Studie bestätigt Gefährlichkeit für Bienen

Vor zwei Monaten hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit in einem neuen Bericht bestätigt, dass Neonikotinoide ein Risiko für Wildbienen, Honigbienen und Hummeln darstellen. Sie nehmen die Insektizide auf unterschiedliche Weise auf: über Blütenpollen und Nektar, durch aufgewirbelten Staub und Wasser.

Großaufnahme einer Biene auf einer Blüte.

Bienen sind nützliche Tiere für die Landwirtschaft, werden aber durch die Neonikotinoide massiv geschädigt.

Gifte schaden Bienen auf vielfältige Weise

Bauern nutzen Neonikotinoide, um das Saatgut zu beizen und damit die angebauten Pflanzen gegen Schädlinge zu schützen. Aber: Die Chemikalien sind auch für viele Bienen, Schmetterlinge und Insekten tödlich. Die Tiere, die überleben, verlieren ihr natürliches Navigationssystem. Sie werden desorientiert - dramatisch vor allem für Bienen, die nicht mehr zurück zu ihrem Stock finden.

Auch die Fortpflanzung wird beeinträchtigt: Bienenköniginnen legen deutlich weniger Eier, was die Population stark verringert. "Das Bienen- und Insektensterben ist ein ernsthaftes Problem, und wir müssen alles tun, um es zu verhindern", fordert der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese: "Die Bienen sind wichtig für die Erhaltung der Natur, für die Bestäubung und letztlich auch für die Nahrungsmittelproduktion. Und deswegen unterstütze ich sehr, dass diese Neonikotinoide schnell vom Markt genommen werden."

Noch viele Ausnahmen beim Verbot

Der Einsatz von Neonikotinoiden in der EU wurde bereits Ende 2013 eingeschränkt. Aber es gibt viele Ausnahmen und Schlupflöcher. Nun soll das Versprühen im Freiland komplett verboten werden. In Gewächshäusern soll es dagegen weiterhin erlaubt sein.

Das ist völlig inkonsequent, kritisiert der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling: "Es wird sich natürlich in Gewächshäusern ein Stück weit auf den Produkten ablagern. Und es verschwindet dann ja nicht, sondern es lagert sich ja auch im Boden ab. Mag sein, dass es da Druck gegeben hat von Seiten der Lobby, dass man das weiter einsetzen kann, aber konsequent ist das nicht."

Unterschiedliche Interessenslagen in den einzelnen Staaten

In Spanien und den Niederlanden zum Beispiel wird sehr viel Obst und Gemüse in riesigen Gewächshäusern angebaut. Gerade diese Länder waren bislang keine großen Befürworter eines Verbots von Neonikotinoiden. Spannend wird heute auch, wie bevölkerungsreiche Länder wie Italien und Polen abstimmen werden.

Klar ist: Deutschland und Frankreich werden für ein Verbot stimmen. Auch Österreich und Großbritannien sind dafür. Unklar ist, ob die notwendige Mehrheit zusammen kommt. "Wir müssen dafür arbeiten, dass wenn nicht heute, dann bei nächstbester Gelegenheit, dieses Verbot beschlossen wird. Und wir machen vom Europäischen Parlament auch entsprechend Druck auf die Mitgliedsstaaten", sagt der CDU-Europapolitiker Peter Liese.

Sollte die notwendige Mehrheit zustande kommen, dauert es anschließend noch etwa sechs Monate bis das Verbot gilt. Damit wäre das Versprühen der drei Neonikotinoide im Freiland vor Jahresende in Europa nicht mehr erlaubt.

Karin Bensch, Karin Bensch, ARD Brüssel, 27.04.2018 00:22 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 27. April 2018 um 06:51 Uhr.