EU-Bericht zu VW-Skandal Versagen auf allen Ebenen

Stand: 28.02.2017 21:21 Uhr

"Der Betrug hätte verhindert werden können": Zu diesem Schluss kommt ein Ausschuss des EU-Parlaments, der den VW-Abgasskandal untersucht hat. EU-Kommission und Mitgliedsstaaten seien jahrelang zu lasch mit den Autoherstellern umgegangen, so das Fazit.

Am Ende steht natürlich die Frage: Wer trägt nun die größte Schuld an Dieselgate, am Abgasskandal, der mit der Entdeckung illegaler Betrugssoftware bei Volkswagen in den USA begann? Alle, es war ein Versagen auf jeder zuständigen Ebene - das ist das Fazit nach zwölf Monaten Untersuchungsausschuss im EU-Parlament. "Es gibt eine Verantwortung bei den Mitgliedsstaaten, bei der Kommission, sicher auch bei der Industrie", sagt Jens Gieseke, der für die CDU den Abschlussbericht maßgeblich mitschrieb.

Eine reine Anklageschrift gegen den VW-Konzern wurde es am Ende nicht. Sondern mehr: Unklare Gesetze, schlechte Abgastests, staatliche Behörden, die wegschauen, eine Kommission, die Hinweisen nicht nachgeht und Autobauer, die die Lücken im System ausnutzen. Die Fehlerkette, die das EU-Parlament offenlegt, ist lang - wobei jede Partei durchaus ihre Schwerpunkte setzt.

EU-Vorschriften zu Abgastests zu schwach

Für den CDU-Europapolitiker Sven Schulze aus dem VW-Land Niedersachsen zum Beispiel ist klar: Schon die EU-Vorschriften für Abgastests seien schwach gewesen. "Wir sollten uns in Zukunft auch nicht mehr darauf einlassen, dass man zu viel Interpretationsspielraum in Gesetzgebung zulässt", meint Schulze. Denn diesen Interpretationsspielraum hätten die Hersteller prompt genutzt - und hinterher etwa behauptet, Abgassoftware diene dem Motorschutz.

Dass lange niemand dieser Manipulation auf die Schliche kam, lastet Grünen-Politiker Bas Eickhout wiederum der EU-Kommission an: "Es ist nicht zu entschuldigen, dass es trotz vieler Hinweise keine Untersuchung gab. Da hätte die Kommission handeln müssen. Weil sie es nicht getan hat, fehlen uns Beweise." Zumal Betrugssoftware nicht nötig gewesen wäre, sagt Eickhout. Die Hersteller hätten stattdessen einfach in bessere Motorentechnik investieren können.

Bestehende Regeln wurden nicht umgesetzt

Den Kreis der Schuldigen komplett machen für Ismail Ertug von der SPD schließlich die Mitgliedsstaaten. Die hätten bestehende Regeln nicht korrekt umgesetzt. Auch Deutschland nicht. "Und es ist auch diesem Untersuchungsausschuss zu verdanken, dass letztendlich die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren unter anderem gegen Deutschland eingeleitet hat", so Ertug.

Forderung nach Verbesserung von Abgastests

Der Untersuchungsausschuss hat eine lange Liste mit Verbesserungsvorschlägen aufgestellt. Wohl der wichtigste Punkt: Die Abgastests in der EU müssen dringend verbessert werden, vor allem, indem man die Autos nicht nur im Labor, sondern auch unter realen Bedingungen prüft. Zudem müsse Brüssel die Einhaltung der Regeln durchsetzen können, auch gegen die Mitgliedstaaten, so CDU-Politiker Gieseke. "Im Falle eines Streits muss es eine Entscheidungsbefugnis auf europäischer Ebene geben." Ob durch eine neue EU-Behörde oder eine der bestehenden, ist allerdings noch offen.

Betrogene Autokäufer, deren Diesel-Pkw nun nachgerüstet werden müssen, wird der Bericht des EU-Parlaments allerdings enttäuschen: Die Forderung, europäische Kunden zu entschädigen, wie es in den USA passiert, gibt es nicht. Noch nicht, verspricht Grünen-Politiker Eickhout: "Wir werden das bei der endgültigen Abstimmung im ganzen Parlament noch mal auf die Agenda setzen."

Sebastian Schöbel, S. Schöbel, ARD Brüssel, 28.02.2017 21:19 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 01. März 2017 um 07:31 Uhr