Außenansicht der Sophienkathedrale in Kiew

Orthodoxer Kirchenstreit Ukrainische Kirche löst sich von Moskau

Stand: 15.12.2018 05:56 Uhr

Mit der heutigen Gründung einer ukrainisch-orthodoxen Landeskirche verliert das Moskauer Patriarchat an Einfluss. In dem Streit darüber geht es auch um die Macht in der Region.

Von Christine Auerbach, ARD-Studio Moskau

Schon seit Jahren wollte die ukrainisch-orthodoxe Kirche eine eigene Landeskirche gründen und damit unabhängig werden von der russisch-orthodoxen Kirche in Moskau. Als dann im Oktober die Zustimmung zur Kirchengründung vom Obersten der orthodoxen Kirche kam, von Patriarch Bartholomeos von Konstantinopel, war das eine Sensation.

Kiew jubelte damals und Moskau zürnte. "Der Patriarch von Konstantinopel begibt sich auf den Kriegspfad. Das ist nicht nur Krieg gegen die russisch-orthodoxe Kirche. Das ist Krieg gegen die Einheit der Orthodoxie weltweit", sagte zum Beispiel Metropolit Hilarion, zuständig für die Außenbeziehungen der russisch-orthodoxen Kirche in Moskau.

Gläubige vor der Sophienkathedrale in Kiew

Gläubige vor der Sophienkathedrale in Kiew

Krim-Krise entfachte Kirchenstreit neu

Der Streit innerhalb der orthodoxen Kirche hatte schon mit dem Zerfall der Sowjetunion begonnen. Damals war der Kiewer Metropolit nicht zum Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche gewählt worden. Deshalb gründete er 1992 die ukrainisch-orthodoxe Kirche - Kiewer Patriarchat.

Ein Teil der Gemeinden in der Ukraine folgte ihm. Ein Teil blieb unter dem Moskauer Patriarchat. Nach der Annexion der Krim durch Russland flammte der Kirchenstreit wieder auf. Die ukrainisch-orthodoxe Kirche beantragte offiziell ihre Unabhängigkeit.

Kirche und Staat eng verbunden

Sowohl in Russland als auch in der Ukraine sind die orthodoxe Kirche und die Politik eng miteinander verbunden. Der Kirchenstreit ist damit auch ein politischer. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko feierte eine eigene Landeskirche bereits als "historische Entscheidung". Für ihn ist sie ein "Schlag gegen das russische Vormachtsstreben".

Die russische Seite sieht das anders. Sie wirft Poroschenko vor, dass er die Kirche nutze, um seine eigene Macht als Präsident zu stärken.

Der ukrainische Präsident Poroschenko wird von Patriarch Bartholomeos von Konstantinopel mit einem Kuss begrüßt

Die Verbindungen zwischen Politik und orthodoxer Kirche sind eng - wie hier bei einem Treffen des ukrainische Präsidenten Poroschenko mit Patriarch Bartholomeos von Konstantinopel.

Moskauer Patriarchat verliert Macht, Einfluss und Geld

Nach der Gründung der eigenen Kirche werden sich die einzelnen Gemeinden und Klöster der Ukraine in den kommenden Monaten nun entscheiden müssen, zu welchem Teil der Kirche sie gehören wollen.

Wenn sie vom Moskauer Patriarchat in die neue ukrainische Landeskirche gehen, werden dabei auch Immobilien und Ikonen mitwandern. Durch die Anerkennung einer selbstständigen Kirche in der Ukraine verliert der russische Patriarch in Moskau also neben Macht und Einfluss auch Geld.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 15. Dezember 2018 um 06:00 Uhr.