Tassen mit Putin, Stalin und Lenin
Interview

Politologe zur Russland-Wahl "Eine Rückkehr in Sowjetzeiten"

Stand: 18.03.2018 16:53 Uhr

Russlands Wirtschaft stagniert, die Lebensbedingungen verbessern sich nicht mehr - dennoch ist Präsident Putin populär. Weil er auf militärische Stärke setzt, sagt Politologe Oreschkin im Interview.

ARD-Studio Moskau: Herr Oreschkin, was ist das Geheimnis für Putins ungebrochene Popularität?

Dmitri Oreschkin: Das Geheimnis für seine Unterstützung besteht darin, dass er sich mit wirtschaftlichen und sozialen Problemen nicht befasst und sich nur für die globalen militärischen und strategischen Fragen verantwortlich zeigt. In den Augen der Russen leistet er Widerstand gegen die USA, kämpft gegen die USA. Er stellt Russland auf die Beine.

Was aber die Lebensbedingungen der Bevölkerung angeht: Das ist nicht sein Thema, dafür sind die Gouverneure, die Regierung, Ministerpräsident Dmitri Medwedjew verantwortlich. Deshalb sind sie alle unpopulär, auch die Partei "Einheitliches Russland".

Zur Person

Der Politikwissenschaftler Dmitri Oreschkin hat nach der Perestroika und dem Zerfall der Sowjetunion 1993 zusammen mit anderen Politologen das Forschungsinstitut "Merkator" gegründet. Mit diesem Forschungszentrum unterstützen sie auch die Arbeit der Zentralen Wahlkommission.

Bei der Parlamentswahl 2007 kandidierte Oreschkin für die liberale Partei "Union der rechten Kräfte". Die Partei scheiterte aber an der Wahlhürde. 2011 und 2012 nahm er an den "Bolotnaja"-Demonstrationen gegen die Wahlfälschung bei den Präsidentenwahlen teil.

ARD-Studio Moskau: Was bedeutet das für die nächste Amtszeit?

Oreschkin: Ich sehe keine Krise. Ich nehme an, dass es eine Stagnation geben wird. Das Land ist reich, Erdöl und Gas werden weiterhin gepumpt und verkauft. Aber es fehlt dem Staat an Investitionen in allen Richtungen, aus dem Ausland kommen keine, denn man hat Angst. Dazu kommen die Sanktionen und die wachsende Abkapslung Russlands, so dass es zu keinem  technologischen Austausch kommt.

In der nahen Zukunft bleibt Russland verdammt dazu, Rohstoffexporteur zu bleiben. Damit sind wir komplett von den Rohstoffpreisen abhängig. Für die Mehrheit der Menschen wird es also keine spürbare Lebensverbesserung geben.

Putin wird weiter mit Raketen drohen

ARD-Studio Moskau: Wie wird Putin damit umgehen?

Oreschkin: Er hat keine andere Wahl, er wird gezwungen sein, immer wieder von Raketen zu reden und auf die inneren und äußeren Feinde zu verweisen. Die innere Opposition sieht er wirklich als Feinde.

ARD-Studio Moskau: Was bedeutet das für die Opposition?

Oreschkin: Die Opposition wird weiter unter Druck geraten, die Oppositionellen werden immer mehr zu Dissidenten. Dies wird eine Rückkehr in die Zustände der Sowjetunion. Der von Putin eingeschlagene Weg führt zwangsläufig nach unten, zur Verschlechterung der sozio-politischen Kultur und politischen Institute. Das führt zwar nicht zu einer Revolution, aber in den Sumpf.

Das Interview führte Birgit Virnich, ARD-Studio Moskau

Das Interview führte Birgit Virnich, WDR

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 16. März 2018 um 18:40 Uhr.