Angebliche Vergewaltigung eines Mädchens Lawrow facht Streit weiter an

Stand: 28.01.2016 15:43 Uhr

Nun äußert sich Russlands Außenminister bereits zum zweiten Mal: In der Debatte um die angebliche Vergewaltigung eines Mädchens aus Berlin wies er den Vorwurf zurück, Russland nutze den Fall für Propaganda. Es gehe um Transparenz und Menschenrechte.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat Vorwürfe der Bundesregierung zurückgewiesen, Moskau nutze Berichte über die angebliche Vergewaltigung eines Mädchens in Berlin für politische Propaganda.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte Russland gestern aufgefordert, den Fall nicht politisch zu instrumentalisieren oder auf die ohnehin schwierige innerdeutsche Migrationsdebatte Einfluss zu nehmen. Die deutschen Behörden unternähmen alles, um den Fall so schnell wie möglich aufzuklären. Der russische Botschafter werde über den aktuellen Ermittlungsstand der deutschen Behörden informiert.

Lawrow sagte jedoch erneut, es gebe nicht ausreichend Transparenz. Russland hätte nach "allen Regeln der zivilisierten Welt" rechtzeitig informiert werden müssen, so der Außenminister. Erste Hinweise habe Moskau aber nicht von deutschen Behörden, sondern von der russischsprachigen Gemeinde in Deutschland erhalten. "Genau deshalb ist diese Situation entstanden (...) Da es sich um eine Bürgerin der Russischen Föderation handelt, können wir nicht einfach das Ende der Untersuchung abwarten", sagte er.

Keine Hinweise auf Vergewaltigung

Russische Medien hatten berichtet, es handele sich um ein Mädchen aus einer russlanddeutschen Familie, das von einer Gruppe südländisch aussehender Männer entführt und vergewaltigt worden sei. Daraufhin hatte es Demonstrationen gegeben. Unter anderem versammelten sich etwa 700 Menschen vor dem Bundeskanzleramt.

Die Polizei sieht jedoch keine Anhaltspunkte für eine Entführung und Vergewaltigung. Bekannt ist so viel: Das Mädchen war am 11. Januar als vermisst gemeldet worden. Nach 30 Stunden tauchte die 13-Jährige wieder auf. Die Staatsanwaltschaft geht indes dem Verdacht nach, dass es vor ihrem Verschwinden einvernehmliche sexuelle Kontakte zwischen dem Mädchen und zwei jungen Männern türkischer Herkunft gab. Aufgrund ihres Alters wäre auch dies als Kindesmissbrauch strafbar.

Menschenrechte und Verschwörungstheorien

"Wir mischen uns nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten ein", sagte Lawrow bei einem Aufenthalt in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabat. In dem Fall gehe es um die Menschenrechte. "Unsere deutschen Freunde kommentieren - wesentlich häufiger als wir - verschiedene Aspekte des gesellschaftlichen Lebens in Russland, und das nicht nur auf dem Gebiet der Menschenrechte, sondern auch auf anderen Gebieten", sagte er der Agentur Interfax zufolge.

Außenpolitiker aus dem Bundestag hatten die Vorwürfe Lawrows bereits zurückgewiesen. Stefan Liebich, Obmann der Linken im Auswärtigen Ausschuss, sagte der "Welt" über Lawrow: "Ich finde es falsch, wenn er die Verschwörungstheorien von Rechtspopulisten übernimmt und behauptet, dass die Berliner Polizei etwas vertuschen wolle." Auch halte er es für kein gutes Zeichen, wenn Lawrow plötzlich von "unserem Mädchen Lisa" spreche.

"Manipulationen und Unwahrheiten sind gängige Methoden in der Feindbildpropaganda der russischen Führung", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), der "Welt". Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Niels Annen, nannte die Wortwahl Lawrows und den Vorwurf der Vertuschung "völlig inakzeptabel". Zudem gebe es weder eine Zuständigkeit noch einen Grund für die russische Regierung, sich hier einzumischen, sagte Annen. Der Bund der Vertriebenen hatte am Mittwoch gemahnt, der öffentliche Diskurs müsse "dringend versachlicht werden".

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 27. Januar 2016 um 22:15 Uhr.