Österreichs Vizekanzler Strache vor Journalisten
Analyse

Journalisten vs. Populisten in Österreich Im Dauerclinch

Stand: 18.04.2019 12:54 Uhr

Unabhängige und kritische Medien haben es gerade schwer in Österreich. Sie machen ihren Job - zum Ärger der rechtspopulistischen FPÖ und der Kanzlerpartei ÖVP. Die wehren sich heftig.

Eine Analyse von Srdjan Govedarica, BR

Populistische Parteien und unabhängiger Journalismus stehen zueinander wie Feuer und Wasser. Erstere setzen auf emotionale Zuspitzung und einfache Antworten. Journalisten stören da nur. Denn ihre Aufgabe ist es, komplexe Themen in ihre Einzelheiten zu zerlegen, damit das Publikum in der Lage ist, eigene Meinungen zu entwickeln.

Es ist also kein Wunder, dass Populismus und Qualitätsjournalismus miteinander im Dauerclinch liegen. So auch in Österreich. Die rechte FPÖ regiert seit Dezember 2017 mit und hat in ihrer Kommunikationsstrategie eine Art Parallelwelt geschaffen. Botschaften werden am liebsten über eigene Kanäle gesetzt, über FPÖ-TV, parteinahe Onlinemagazine, Facebook-Seiten prominenter Politiker, und Boulevardblätter. Das ist praktisch, weil hier niemand kritische Fragen stellt und Schwarz-Weiß-Denken in Grautöne zerlegt.

ORF-Journalist Armin Wolf

Armin Wolf ist einer der bekanntesten Journalisten des Landes - und muss sich gegen heftige Anfeindungen wehren.

Finger in die Wunde legen

Genau das machen aber Journalisten. Beispiel: Armin Wolf. Er moderiert die ZiB2, das sind die österreichischen Tagesthemen, und gehört zu den populärsten Journalisten des Landes. Wolf ist bekannt dafür, seine Interviews akribisch vorzubereiten und unbequeme Fragen zu stellen. FPÖ-Politiker kommen in diesen Interviews regelmäßig ins Schwimmen. Ihre Antwort ist oft der Frontalangriff: So schrieb FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz Christian Strache Anfang 2018 bei Facebook: "Es gibt einen Ort, an dem Lügen zu Nachrichten werden. Das ist der ORF".

Im Kleingedruckten verweist Strache dann explizit auf Wolfs Facebookprofil. Später musste sich Strache öffentlich dafür entschuldigen.

Als es nach Presseberichten über Verbindungen der FPÖ zu der sogenannten Identitären Bewegung unangenehm wurde, sprach ein FPÖ-Politiker davon, dass "Redakteure weinen werden", weil die FPÖ sie verklagen werde. Das sind nur einige Beispiele, es vergeht kaum eine Woche, ohne dass die FPÖ kritische Berichterstattung als Lüge oder als - ganz beliebtes Bild: "linkslinke Propaganda" diffamiert.

Angst vor Kontrollverlust

Es ist aber nicht nur die FPÖ, die sich im Umgang mit unabhängigem Journalismus problematisch verhält. Die Kanzlerpartei ÖVP achtet penibel darauf, was sie kommuniziert. "Message-Control" nennt sich das und etliche Kommunikationsexperten am Wiener Ballhausplatz sind damit beschäftigt, Regierungsbotschaften ungefiltert ans Wahlvolk zu bringen. Auch hier streut der Journalismus Sand ins Getriebe.

Und auch ÖVP-Personal verliert in solchen Fällen die Contenance. Als Medienminister Gernot Blümel im ORF-Fernsehen kürzlich ein unausgegorenes Konzept zur Identifikationspflicht im Internet erklären musste und der Moderator kritische Fragen stellte, konterte der Minister mit dem Satz: "Es ist Blödsinn, was Sie da reden".

Drohung gegen unbequeme Medien

Unabhängige und kritische Medien habe es gerade nicht einfach in Österreich. Die Tatsache, dass die Regierung so dünnhäutig auf sie reagiert, ist aber eigentlich als Ritterschlag zu verstehen. Der ORF, die Wiener Wochenzeitung "Der Falter", einige überregionale und regionale Zeitungen machen ihren Job anscheinend so gut, dass der Regierung nichts anderes übrigbleibt, als zu drohen und zu poltern.

Dieses Alarmzeichen ist unbedingt ernst zu nehmen. Denn aus Drohgebärden werden schnell Taten. Die FPÖ denkt zum Beispiel zur Zeit laut darüber nach, die Rundfunkgebühr abzuschaffen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk würde dann aus dem Staatshaushalt bezahlt und müsste immer wieder aufs Neue mit der Regierung über das eigene Budget verhandeln. Schwer vorstellbar, dass er die Botschaften der Regierung dann auch noch mit demselben Eifer zerlegen würde, wie er es heute tut.

Srdjan Govedarica, Srdjan Govedarica, ARD Wien, 18.04.2019 10:48 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 18. April 2019 um 09:33 Uhr.