Wilders

Niederlande Wilders entdeckt seinen "inneren Trump"

Stand: 07.02.2017 14:51 Uhr

Der niederländische Rechtspopulist Wilders ist für polarisierende Aussagen bekannt. Seit Trumps Wahlsieg ist er in seinen Interviews und Reden aber noch radikaler geworden. Er verunglimpft Justiz und Medien - und liegt in den Umfragen klar vorn.

Von Ludger Kazmierczak, Den Haag

Eine Gruppe aufgebrachter Demonstranten reckt Plakate in die Luft. Die Männer mit den langen Bärten und den weißen Gebetskappen auf dem Kopf fordern die "Sharia für Holland". "Der Islam wird die Welt erobern", steht auf ihren Transparenten. Und ganz vorne in der Menge: ein lächelnder Alexander Pechtold. Der Chef der linksliberalen Partei D66 scheint den Protestmarsch der wütenden Islamisten anzuführen.

Der Rechtspopulist Geert Wilders hat das Bild über Twitter verbreitet und dazu geschrieben: "Pechtold demonstriert mit Hamas-Terroristen". Fake-News, über die der ins Foto montierte Politiker überhaupt nicht lachen kann. "Die Atmosphäre in den Niederlanden ist so schon grimmig genug. Und mit Blick auf die eigenen Anhänger, musst du meiner Ansicht nach schon aufpassen, wie du mit deinen politischen Gegnern umgehst", sagte Pechtold. "Das hier ist Täuschung und Hetze. Es gibt Leute, die das falsch verstehen."

Viele halten das Bild, das im Original vor fast acht Jahren in England aufgenommen wurde, tatsächlich für echt. Pechtold muss sich im Internet wüste Beschimpfungen gefallen lassen. Für den 51-Jährigen keine neue Erfahrung. Denn mit ihrer liberalen Haltung in der Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik ist D66 der krasse Gegenentwurf zur PVV, der "Partei für die Freiheit" des Populisten Wilders.

"Wie erkläre ich das?"

Pechtold ist eine Provokation für viele Rechte. "Er habe einen Kopfschuss verdient", echauffierte sich 2015 ein PVV-Anhänger auf Facebook. Der Mann aus Groningen wurde im Dezember wegen dieser Drohung zu einer Woche Haft verurteilt. Pechtold fragt sich, wohin das alles führen soll. "Wie erkläre ich das jemandem? Dass ein Kollege, ein Spitzenkandidat einer Partei, so tut, als würde ich an einem Marsch von Hamas-Aktivisten teilnehmen und dem Terrorismus nahestehen."

Wilders setzt im Wahlkampf alles auf eine Karte. In seinen Tweets, in seinen Reden, in seinen Interviews ist er noch radikaler geworden, als in früheren Jahren. Er beleidigt andere Politiker, wütet gegen die politische Elite und verunglimpft Richter, Parlamentarier und Journalisten - im Grunde alle, die nicht seiner Meinung sind.

Trumps Erfolg scheint zu beflügeln

Der Erfolg von Donald Trump in den USA scheint Wilders zu beflügeln. Dass der US-Präsident Muslimen per Gesetz die Einreise verweigern will, stößt bei Wilders auf große Zustimmung. Trump und er, das seien Brüder im Geiste. Daher mache es auch keinen Sinn, Wilders aufzufordern, sich von dem geschmacklosen Hamas-Vergleich zu distanzieren, sagt Pechtold: "Das würde ihn nur anstacheln, oder er würde mal wieder das Opfer spielen. Ich habe reagiert, weil ich finde, dass hier eine Grenze überschritten wurde."

Doch auf eine Anzeige gegen Wilders wird Pechtold wohl verzichten. Denn bislang profitierte der Rechtsausleger der niederländischen Politik von jeder Auseinandersetzung mit der Justiz. In allen Umfragen liegt die PVV klar vorne. Aber der Vorsprung gegenüber den Konservativliberalen schmilzt. Vielleicht die Kehrseite des Trump-Effekts?

Ludger Kazmierczak, L. Kazmierczak, ARD Den Haag, 07.02.2017 14:22 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 07. Februar 2017 um 13:00 Uhr im Mittagsecho und um 15:20 Uhr.