Verteilung von Flüchtlingen Europa bleibt unkonkret

Stand: 15.09.2015 00:35 Uhr

Eine Regelung zur Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU lässt weiter auf sich warten: Die Innenminister einigten sich lediglich im Grundsatz darauf, 160.000 Schutzsuchende unterbringen zu wollen. Wie das konkret passieren soll, bleibt unklar.

Von Sabine Hackländer, SWR-Hörfunkstudio Brüssel

Es sei eine Grundsatzeinigung, auf die man sich verständigt habe, verkündeten bereits vor Ende der Beratungen Bundesinnenminister Thomas de Maizière und sein französischer Kollege Bernard Cazeneuve. Die beiden hatten das Treffen kurzzeitig verlassen, um den wartenden Journalisten einen Zwischenstand zu geben, offenbar im Bewusstsein, dass am aktuellen Stand der Dinge wohl ohnehin nichts mehr zu machen sei.

Tatsächlich lautet das Ergebnis nun: Ja zur Verteilung von insgesamt 160.000 Flüchtlingen, allerdings ohne Antwort auf die Frage, wie diese Menschen denn ganz real verteilt werden sollen. De Maizière erklärte den kleinen aber feinen Unterschied folgendermaßen: "Wir haben heute erreicht, dass wir eine Zustimmung, eine politische Zustimmung zur Verteilung von 160.000 bekommen. Die Festlegung auf die Quoten und die Verfahren im Einzelnen haben wir noch nicht erreicht."

Ziel verfehlt

Damit ist klar, dass auch dieses Treffen sein erklärtes Ziel verfehlt hat: Keine Einigung auf eine verbindliche Quote für alle EU-Länder. Und schlimmer noch: Nicht einmal auf dieses Minimum wollten sich einige der Innenminister einlassen. So musste der derzeitige EU-Ratsvorsitzende, Luxemburgs Migrationsminister Jean Asselborn, am Ende folgendes erklären: "Sie kennen ja alle die Europäische Union. Manchmal hat man nach einem Rat Schlussfolgerungen, die vom ganzen Rat getragen werden, und manchmal eben nur von der Präsidentschaft. Alles, was ich ihnen gerade mitgeteilt habe, wird aber immerhin von einer sehr großen Mehrheit der Mitgliedsländer gut geheißen und unterstützt."

Im Klartext bedeutet das: Eigentlich gibt es gar keine gemeinsame Erklärung aller EU-Mitgliedsstaaten, sondern nur die einer großen Mehrheit. Die konnte sich auch noch für weitere Maßnahmen zur Lösung der Flüchtlingskrise erwärmen. Entsprechende Vorschläge hatten Frankreich und Deutschland zuvor gemeinsam in den Rat eingebracht, zum Beispiel zur Errichtung von Aufnahmelagern für Flüchtlinge, aber auch in Bezug auf andere Bereiche. Dazu gehört laut de Maizière, dass - wenn auch noch ohne Summe - eine zusätzliche Unterstützung für die Staaten in den Krisenregionen und für die Türkei beschlossen wurde.

Registrierungszentren für Flüchtlinge in Griechenland

"Dazu gehört auch ein konkreter Zeitplan zur Errichtung der sogenannten Hotspots", erklärte de Maizière. Hotspots sind Registrierungszentren für Flüchtlinge. "Heute hat Griechenland zum ersten Mal erklärt, dass es bereit ist, einen oder mehrere solcher Hotspots zu errichten. Griechenland hat auch die Zusammenarbeit mit dem Weltflüchtlingswerk UNHCR erklärt. Auch das ist eine Bitte, die wir lange schon hatten."

Eine EU-Liste sicherer Herkunftsländer

Einigen konnte sich die Mehrheit der Innenminister heute auch auf eine seit langem geforderte Liste sicherer Herkunftsländer. Bisher hatte jedes EU-Land eigene Vorgaben, welcher Nicht-EU-Staat als sicher gelten könnte. Jetzt sollen auf dieser Liste die Westbalkanländer Kosovo, Mazedonien und Albanien stehen. Nicht einigen konnte man sich dagegen auf die Türkei als sicheren Herkunftsstaat. Das nächste Treffen der EU-Innenminister findet am 8. Oktober statt. Ob sich bis dahin die Blockadehaltung der osteuropäischen Länder verändern wird, dürfte die spannende Frage sein.

Sabine Hackländer, S, Hackländer, SWR Brüssel, 14.09.2015 23:59 Uhr