Eine EU-Flagge im Europaparlament in Straßburg.

Umfrage Vor Europawahl legen Rechte zu

Stand: 18.02.2019 15:36 Uhr

Im EU-Parlament könnten nach der Wahl im Mai deutlich mehr Europaskeptiker und -kritiker vertreten sein als bisher: Laut einer Umfrage verbuchen Rechtsextreme und Rechtspopulisten derzeit die größten Zugewinne.

Wenige Wochen vor der Europawahl befinden sich die rechten Parteien in Deutschland und den anderen EU-Staaten im Aufwind. Laut einer Umfrage des EU-Parlaments würde die rechtsextreme ENF-Fraktion genauso wie die rechtspopulistische EFDD-Fraktion aktuell deutlich zulegen, während die europäischen Volksparteien und die Sozialdemokraten Verluste verbuchen müssten.

Die ENF-Fraktion (Europa der Nationen und der Freiheit) wäre der Erhebung zufolge der größte Gewinner der Wahl am 26. Mai. Die Fraktion würde demnach mit 22 zusätzlichen Mandaten auf 59 Sitze kommen und damit zur viertstärksten Kraft werden. Der ENF-Fraktion gehören etwa die Lega von Italiens Innenminister Matteo Salvini und die österreichische FPÖ an, genauso wie der französische Rassemblement National, der bis 2018 noch Front National hieß. Auch Marcus Pretzell, Ehemann von Ex-AfD-Chefin Frauke Petry, der aus der AfD austrat und nun Petrys "Blaue Partei" in Straßburg vertritt, gehört der ENF-Fraktion an.

AfD-Co-Chef Meuthen hört im EU-Parlament einer Debatte zu.

AfD-Co-Chef Jörg Meuthen ist der einzige deutsche Vertreter in der EFDD-Fraktion.

Auch AfD legt deutlich zu

Die Rechtspopulisten der EFDD-Fraktion (Europa der Freiheit und der direkten Demokratie) würden der Umfrage zufolge ebenfalls zulegen - von derzeit 41 auf 43 Sitze. Ein großer Gewinner wäre hier die AfD: Statt wie bisher mit einem Abgeordneten wäre sie mit zwölf Abgeordneten vertreten und könnte damit die höchsten Zugewinne der deutschen Parteien verbuchen. Der EFDD-Fraktion gehört auch die EU-kritische britische UKIP an.

Für Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) wäre eine Stärkung der Rechten ein fatales Zeichen für Europa. Im rbb-Inforadio sagte er:

Wenn das Ergebnis bei der Europawahl wäre, dass das Europaparlament eine starke Minderheit oder gar eine Mehrheit von euroskeptischen Abgeordneten hätte, also von Abgeordneten, die gar nicht für die europäische Integration sind, dann wäre das natürlich für die Europäische Union schon etwas sehr Schicksalhaftes.
Wolfgang Schäuble

Bundestagspräsident Schäuble warnt vor einer Stärkung der EU-Kritiker im EU-Parlament.

SPD hinter Grünen bei deutscher Sitzverteilung

Der Umfrage des EU-Parlaments zufolge bliebe die EVP-Fraktion (Europäische Volkspartei) stärkste Kraft im künftigen Parlament, würde aber statt bisher 217 nur noch 183 Sitze gewinnen. Auch die Progressive Allianz der Sozialdemokraten (S&D) würde demnach deutlich verlieren und statt bisher 186 Abgeordneten nur noch 135 Parlamentarier stellen. Die liberale ALDE-Fraktion würde mit leichten Zugewinnen (75 statt bisher 68 Sitze) von der viertstärksten zur drittstärksten Fraktion.

Bei der deutschen Sitzverteilung würden mit CDU/CSU Parteien der christdemokratischen Fraktion dominieren. Statt bisher 34 hätte die Union nach der Europawahl aber nur noch 29 Sitze. Die Grünen-Fraktion würde mit 18 Sitzen aus Deutschland, davon 17 von Bündnis90/Die Grünen und einem von der Piratenpartei, die Fraktion mit den zweitmeisten deutschen Abgeordneten. Aktuell ist Bündnis90/Die Grünen mit elf Abgeordnete vertreten, die Piratenpartei mit einem. Die SPD wäre mit 15 statt bisher 27 Abgeordneten in der S&D-Fraktion vertreten und damit drittstärkste Kraft aus Deutschland. Die FDP würde acht Sitze in der ALDE-Fraktion stellen, die Linke ebenfalls acht in der GUE/NGL-Fraktion.

Deutsche finden Wahl wichtig

Die Mehrheit der Deutschen ist sich einer weiteren EU-Umfrage zufolge allerdings der Bedeutung der Europawahl bewusst. 70 Prozent seien der Meinung, dass ihre Stimme in der EU wichtig sei, teilte die Vertretung der EU-Kommission in Deutschland bei der Vorstellung des jüngsten Eurobarometers mit. Im Frühjahr 2016 hatte dieser Wert demnach noch bei 47 Prozent gelegen. "In vielen Mitgliedstaaten haben Kräfte Zulauf, die auf nationale politische Lösungen setzen. Zudem machen viele Menschen ihrem Unmut über politische und soziale Belange lautstark Luft", betonte der Vertreter der EU-Kommission in Deutschland, Richard Kühnel. Deshalb sei es wichtig, dass die Wähler ihr Stimmrecht nutzten: "Es geht nicht um für oder gegen Europa, sondern um die aus Sicht der Wahlberechtigten besten Konzepte."

Für die Umfrage für das Eurobarometer wurden zwischen dem 8. und 22. November 2018 in den 28 EU-Staaten 27.424 Bürger über 15 Jahre befragt, in Deutschland waren es 1519.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 18. Februar 2019 um 13:00 Uhr.