Britische Regierungskrise Politiker gehen, die Probleme bleiben

Stand: 10.07.2018 14:01 Uhr

Den Rücktritten der Brexit-Hardliner Johnson und Davis begegnet die EU mit relativer Gelassenheit. Dennoch fragt man sich in Brüssel, ob sich Premier May halten kann. Und welche Art von Brexit nun kommt.

Außenminister Boris Johnson weg. Brexit-Minister David Davis weg. In Brüssel beobachten viele die neuen politischen Turbulenzen in London mit Sorge, denn die Rücktritte der Brexit-Hardliner setzen Premierministerin Theresa May unter Druck.

Sollte May die Mehrheit in den eigenen Reihen und der britischen Regierung verlieren, könnte ein neuer, viel härterer Brexit-Befürworter an die Macht kommen - zum Beispiel der zurückgetretene Minister Johnson. Dann könnte es passieren, dass Großbritannien die EU Ende März 2019 ohne ein Abkommen verlässt - und das will in Brüssel und den meisten europäischen Hauptstädten niemand. Die EU möchte auch weiterhin wirtschaftlich und in der Außen- und Verteidigungspolitik eng mit Großbritannien zusammenarbeiten.

EU-Ratspräsident Donald Tusk vor Fahnen der EU-Staaten

EU-Ratspräsident Donald Tusk: "Politiker kommen und gehen. ber die Probleme, die sie für ihre Leute geschaffen haben, die bleiben."

Von einer Lösung weit entfernt

Was die Rücktritte von Johnson und Davis betrifft - da gibt es in Brüssel eine relative Gelassenheit. Politiker würden kommen und gehen, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk. Aber die Probleme, die sie für ihre Leute geschaffen haben, die würden bleiben.

Das Durcheinander, dass der geplante Brexit hervorgerufen habe, sei das größte Problem in der Geschichte der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien, sagt Tusk. Und von einer Lösung sei man noch immer weit entfernt.

Ungelöste Fragen

Ungelöst ist zum Beispiel noch immer die Frage rund um die neue Grenze, die durch den Brexit auf der irischen Insel entstehen wird. Auf der einen Seite - das EU-Mitglied Irland, auf der anderen Seite - das Nicht-mehr-EU-Mitglied Nordirland, das nach dem Brexit zu Großbritannien gehören wird.

Brüssel geht es nun vor allem um drei Fragen: Kann May sich im Sattel halten? Kann sie einen weicheren Brexit durchsetzen? Und: Wie gut sind die Vorschläge der britischen Regierung für ein Freihandelsabkommen mit der EU nach dem Brexit, die übermorgen vorgestellt werden sollen?

Neuer Ansprechpartner für Barnier

EU-Chefunterhändler Michel Barnier

EU-Chefunterhändler Michel Barnier. Kann die britische Premierministerin May sich im Sattel halten? Kann sie einen weicheren Brexit durchsetzen?

Wenn es eine einzigartige Situation gibt, müssen wir eine spezifische Lösung finden, hatte der Franzose Michel Barnier vor einiger Zeit gesagt, der für die Europäische Union am Verhandlungstisch mit den Briten sitzt.

Für die Brexit-Verhandlungen haben die Rücktritte in London keine direkten, großen Auswirkungen, meint die EU-Kommission. Vielleicht wird es nun ohne die beiden Hardliner-Minister etwas einfacher, meint Jens Geier, der Vorsitzende der Europa-SPD. "Da wird natürlich auch eine positive Reaktion aus Brüssel drauf erwartet", so Geier.

Barnier bekommt einen neuen Ansprechpartner - den Brexit-Minister Dominic Raab. Der 44-Jährige ist ein konservativer Politiker und setzt sich für den Brexit ein. Doch wie erfolgreich Raab in Brüssel wird, hängt davon ab, wie erfolgreich May in London ist.

Karin Bensch, Karin Bensch, WDR Brüssel, 10.07.2018 13:07 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 10. Juli 2018 um 13:30 Uhr.