Tihange 2 und Doel 3 Viele neue Risse in belgischen AKW

Stand: 11.06.2017 01:15 Uhr

Das belgische AKW Tihange 2 nahe Aachen gilt schon länger als Sicherheitsrisiko - hier sind Tausende Risse im Reaktordruckbehälter bekannt. Bei jüngsten Untersuchungen wurden nun hier, aber auch in Doel 3 viele neue Schäden entdeckt.

Belgiens Atomreaktoren haben mehr Schäden als bisher bekannt. Nach Informationen der belgischen Atombehörde gibt es 300 neue Risse im Atomreaktor Doel 3 und 70 zusätzliche Risse im Reaktor Tihange 2 nahe Aachen. Die Zahlen stehen im Vergleich zur letzten Untersuchung vor drei Jahren.

Festgestellt wurden die zusätzlichen Risse in den Hochdruckkesseln bei erneuten Ultraschallinspektionen des Atomreaktors Doel 3 im vergangenen November und des Reaktors Tihange 2 im April dieses Jahres. Diese Zusatzuntersuchungen führte die Betreibergesellschaft Electrabel auf ausdrückliche Anweisung der belgischen Atomaufsicht durch.

Nach Einschätzung der Behörde bedeuten die zusätzlichen Risse aber keine Gefahr und sprechen nicht gegen den Weiterbetrieb der Reaktoren. Allerdings muss die Betreibergesellschaft bis September zusätzliche Analysen vorlegen.

Innenministerium: Keine Zuspitzung der Sicherheitslage

Die belgische Bevölkerung wurde bisher nur über die neuen Risse im Reaktor Tihange informiert. Und auch das erst, nachdem ein Abgeordneter der Grünen im Belgischen Parlament von Innenminister Jan Jambon detaillierte Informationen verlangte.

Man habe die 70 zusätzlichen Risse im Hochdruckkessel von Tihange 2 deshalb entdeckt, weil die Kamera bei der neuen Untersuchung anders positioniert wurde als vor drei Jahren, erklärte Belgiens Innenminister. Die Sicherheitssituation habe sich aber nicht zugespitzt. Denn einige der 2014 bei der Inspektion von Tihange 2 entdeckten Haarrisse seien gar keine wirklichen Schäden, behauptet das belgische Innenministerium nach der neuen Kamera-Diagnose.

Mehr als 3000 Schäden bei Tihange 2

Die belgische Atomaufsicht hat deshalb keine Einwände gegen den Betrieb des Reaktors, obwohl sie selbst bereits im Jahr 2015 insgesamt 3149 Hinweise auf Schäden in Tihange 2 festgestellt hatte. Nach Berechnungen der Organisation Nucleaire Stop ist diese Zahl nach den neu entdeckten Rissen auf 3219 Schäden gestiegen.

Eine von der Städteregion Aachen in Auftrag gegebene Studie zeigte im vergangenen Jahr mögliche Risiken auf, sollte es bei Tihange wirklich zur Reaktorkatastrophe kommen. Aachen und die umliegenden Regionen könnten bei einem Gau unbewohnbar werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 10. Juni 2017 um 18:29 Uhr.